In den meisten Einrichtungen finden sich Weltkarten, um Eltern, Kindern, Jugendlichen, Kolleg-Innen und Besucher_innen Weltoffenheit zu vermitteln, Bewusstheit für das „große Ganze“ zu schaffen und / oder auch die Vielfalt der Einrichtung abzubilden.
Doch Vorsicht !
Vermitteln wir mit Weltkarten manchmal auch ungewollt Vorurteile?
Vorsicht ist angesagt bei:
- „Kinderweltkarten“ mit Symbolen pro Land. Dadurch vermitteln wir den Kindern und anderen Betrachter_innen unter Umständen einen sehr eingeschränkten Eindruck von einzelnen Ländern. Deutschland ist hier ein gutes Beispiel: meistens ist hier ein Mann in Lederhosen abgebildet. Ist das, was Kinder in anderen Ländern als ersten (und vielleicht für lange Zeit einzigen Eindruck) von uns haben sollen? Nein? Dasselbe gilt dann wohl für die anderen Länder auch….
Idee: Gestalten Sie Ihre eigene Karte, fragen Sie die Kinder, was Sie von den Ländern wissen, Jugendliche können zu den einzelnen Ländern recherchieren, arbeiten Sie mit Geschichten von Einzelpersonen (z.B. mithilfe von „Kinder aus aller Welt„), statt Stereotypen über Länder, stellen Sie die Vielfalt pro Land dar. - Aber auch bei „regulären Karten“ ist Vorsicht geboten. Schauen Sie sich diese, eher „unreguläre“ Karte hier an:
Was fällt Ihnen an der Weltkarte oben auf?
- Richtig, die Längen- und Breitengrade sind senkrecht und waagerecht eingezeichnet und Manche Länder erscheinen „länger“ als gewohnt. Was ist dadurch anders? Und warum? Und was hat das mit Vielfalt und Vorurteilsbewusstheit zu tun?Wir alle kennen die geschwungenen Linien auf Weltkarten, die Längen- und Breitengrade darstellen. Wir haben vermutlich alle gelernt, dass das so ist, weil die Erde rund ist und beim „Aufklappen“ das eben dargestellt werden muss. Den wenigsten ist jedoch bewusst, dass sich dadurch eine Verzerrung der realen Flächenverhältnisse ergibt – die Länder nahe dem Äquator erscheinen dadurch im Verhältnis viel kleiner als sie in Wirklichkeit sind. Dadurch wirken die sogenannten „Industrienationen“ größer und die sogenannten Länder der dritten Welt kleiner. Hier kommt die Vorurteilsbewusstheit ins Spiel. Was wollen wir vermitteln? Einen realen Größenvergleich? Einen politischen Größenvergleich? Ist die gängige Art, wie Weltkarten abgebildet werden wirklich die einzig mögliche?Was tun?
Arno Peters und vor ihm schon James Gall entwickelten schon 1855 bzw. 1974 einen Ansatz, bei dem alle Flächen maßstabsgetreu abgebildet werden. Der Blick auf diese Karte ist recht ungewohnt, schauen Sie selbst (siehe oben).
Welchen Blick auf die Welt möchten Sie Ihren Kindern, Jugendlichen, Eltern und Mitarbeiter_innen vermitteln? Eines ist sicher: die sog. Peters-Weltkarte (Abbildung oben) sichtbar in der Einrichtung aufgehängt zieht Aufmerksamkeit auf sich und bietet viele Gesprächsanlässe für kleine und große Menschen über Länder, Menschen, Gerechtigkeit, Politik und die Welt.
- Achtung auch, wenn Sie z.B. Fähnchen in die Länder stecken, „aus denen Kinder, Jugendliche und/oder Eltern der Einrichtung kommen“. Seien Sie sehr klar, was abgebildet werden soll: Wo das Kind geboren ist? Wo es aufgewachsen ist? Wo die Eltern geboren sind oder gelebt haben? Wo Urlaub gemacht wird? Einige geflüchtete Familien werden als staatenlos geführt, für sie wäre es unter Umständen fatal, wenn sie einem Herkunftsland zugeordnet würden. Ideen: Machen Sie sich Ihre Intention bewusst, überlegen Sie, ob Fähnchen die einzige Option sind, lassen Sie die Eltern entscheiden wo/on ein Fähnchen sein soll.
- Flaggen: Vorsicht ist bei Flaggen geboten, so kommen z.B. viele kurdischen Familien aus der Türkei, aufgrund des politischen Konfliktes identifizieren Sie sich aber nicht mit dem Land und würden keinesfalls die türkische Flagge neben sich haben wollen – auch wenn das „formal“ korrekt wäre. Ideen: Lassen Sie die Kinder Ihre eigene Flagge entwerfen, erklären Sie, wie Flaggen entstehen und wofür die Farben/Zeichen einzelner Länder stehen, wenn Sie unbedingt Länderflaggen nutzen wollen: verbinden Sie sie mit Ländern, nicht mit Menschen oder geben Sie Optionen (z.B. Symbol statt Flagge oder selbst gestaltete Flagge, Lieblingsfußballmannschaft etc.)
Kreativität, Leichtigkeit UND Bewusstheit
Sie sehen, wie so oft gilt auch hier: wichtig ist die VorurteilsBEWUSSTHEIT. Seien Sie sich dieser Problematiken bewusst, treffen Sie im Team eine bewusste Entscheidung, wie Sie damit umgehen, welche Karte oder Methode Sie wie benutzen. Machen Sie sich Ihre Intention bewusst und – egal für welche Weg Sie sich dann entscheiden – suchen Sie das Gespräch mit Kindern, Jugendlichen und Eltern – und seien Sie bewusst, aber auch kreativ, spielerisch und leicht damit. Schließlich soll es ja Spaß machen, die Welt zu erkunden 🙂
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